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Eintrag vom 25. November 2016

Das "Trumpeltier" hat sich den Weg an die politische Spitze der Vereinigten Staaten von Amerika freigetrampelt und die Welt war schockiert, angesichts der möglichen Auswirkungen auf die Weltpolitik.
Mittlerweile hat sich die Aufregung unter den Regierungschefs dieser Welt wieder ein wenig abgeschwächt, denn schon wenige Tage nach seiner Verküdung als "President Elect" stellte er klar: vieles von dem, was er im Wahlkampf angekündigt hatte, wird so nicht kommen: die Abschaffung von Obamacare wurde gegen eine nicht näher genannte "Verbesserung" ersetzt, von den illegalen Einwanderern will er nur noch knapp ein Drittel abschieben (wahrscheinlich hat er festgestellt, wer bei ihm im Trump-Tower die ganze Zeit die Toiletten geputzt hat...), die Mauer zu Mexiko soll jetzt doch nur ein Zaun werden und Hillary Clinton will er jetzt großzügiger Weise doch nicht verklagen - vermutlich damit die Demokraten nicht auf die derzeit kursierenden Gerüchte über Manipulation bei elektronischen Wahlsystemen aufspringen.

Natürlich laufen jetzt Spekulationen, wie es passieren konnte dass sich die Mehrheit der Amerikaner für einen Präsidentschaftskandidaten entscheiden, der seinen Wahlkampf auf eine - sagen wir mal: nicht sehr charmante - Art und Weise geführt hat. Die deutschen Politiker hat es jedenfalls sehr erschreckt zu sehen, dass nicht nur die "sich als Verlierer der Globalisierung sehenden Menschen" einen radikalen populistischen Schreihals wählen, sondern auch der durchschnittliche Bürger so sehr über die politischen Eliten frustiert zu sein scheint, dass er bereit ist einem absoluten Arschloch (tut mir leid, hier passt kein anderes Wort) seine Stimme zu geben. Es scheint tatsächlich Menschen zu geben, die Politikern wie Trump sogar etwas Positvies abgewinnen können, und selbst in politischen Kreisen hat er bereits einen Fanclub - wenn auch zum Glück nicht jeder zu seinen Anhängern zählt.
Die Sorgen darüber, wie es jetzt weitergehen wird, sind jedenfalls noch nicht beigelegt, auch wenn der noch amtierende Präsident Obama um Schadensbegrenzung bemüht ist. Die Folgen, die ein Regierungschef wie Trump auf die Bevölkerung hat, hatten sich jedenfalls umgehend bemerkbar gemacht: die "neue Rechte" in den USA verspürt Dank seinem Wahlerfolg Rückenwind und all die versteckten Rassisten trauen sich jetzt aus ihrer Deckung heraus, um ihre widerlichen Ansichten offen zu propagieren und Minderheiten zu beschimpfen, zu verunglimpfen und teilweise auch tätlich anzugreifen.

Und das sollte uns Sorgen machen - auch hier in Europa. Denn auch wir erleben einen stetigen Popularitätsanstieg rechtspopulistischer bis rechtsnationalistischer Parteien, welche die Verkündung des Wahlsiegs von Donals Trump feierten als wäre es ihr eigener. Das kann sogar der Fall sein, denn durch die Wahl Trumps zum US-Präsidenten hat er extremistisches Auftreten und populistisch-nationale Forderungen hoffähig gemacht. Der "Front Nationale" in Frankreich unter Marie Le Pen oder die "AfD" in Deutschland unter Frauke Petri wittern Morgenluft und hoffen auf einen ebenfalls reichen Stimmensegen bei den kommenden Wahlen im nächsten Jahr.
Schlimmer noch ist aber die Konsequenz, die sich aus einer solchen Radikalisierung der Völker ergibt: auch bei uns ist es wieder "en Vogue" geworden, gegen Ausländer und Minderheiten zu hetzen und nationalistisch-extremistische Parolen zu blöken - auch wenn man das natürlich vehement bestreitet. Was sich aber nach einem Wahlerfolg der AfD bei den Bundestagswahlen 2017 genauso schnell ändern könnte, wie wir es derzeit in den USA erleben.

Unsere Politiker ziehen aus dieser Geschichte - wie es wohl auch nicht anders zu erwarten war - die falschen Lehren und treten in offene Konkurrenz zur selbsternannten "Alternative". Die CSU hat ihren Populismus ja schon offen ausgebreitet, die CDU schwenkt auf die gleiche Linie ein und die SPD braucht sich, nachdem sie sich erfolgreich mit ihrem Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten durchgesetzt hat, bei mir ohnehin nicht mehr blicken lassen.
Damit befeuern sie aber nur den Kurs der AfD oder anderer nationalistischer Parteien in Europa. Gewisse politische Synergien wurden ja bereits bekannt und trotz anfänglicher Dementis kann man sich bei den "großen" Parteien mittlerweile durchaus eine Koalition mit den Rechtspopulisten vorstellen. Versucht man hier etwa, den Feind mit politischen Mitteln zu "übernehmen"? Darf ich daran erinnern, dass wir dieses Spielchen vor knapp 80 Jahren bereits schon einmal in diesem Land "ausprobiert" hatten - und wie fürchterlich schief die Angelegenheit am Ende ausgegangen ist...?!
Diese Bedenken sind nicht so weit hergeholt wie es vielleicht auf den ersten Blick scheint. Ich wurde nicht zu Unrecht darauf hingewiesen, dass wir uns heute in Europa in einer Situation befinden, welche eindeutig Parallelen zu unserer Geschichte vor knapp 100 Jahren aufweist: das Erstarken des Nationalismus, protektionistische Politik und der von mir immer wieder warnend angeführte Abbau von Demokratie und Freiheitsrechten. Wir erleben eine zunehmende Verschmelzung von Ermittlungsbehörden und Geheimdiensten mit einer gleichzeitigen Ausweitung derer Befugnisse. Unsere als Verteidigungsarmee konzipierte Bundeswehr führt mittlerweile Kriegseinsätze "Friedensmissionen" in aller Welt durch, um unsere Freiheit am Hindukusch (und bald auch wieder direkt am Brandenburger Tor) zu verteidigen.

Es gibt also gute Gründe, unsere derzeitige Entwicklung (innen- wie außenpolitisch) als durchaus bedrohlich zu empfinden. Die Frage ist: schaffen wir es noch, das Ruder wieder herumzureißen? Eine Option, das Problem auf "amerikanische" Art und Weise zu "lösen", ist für mich nicht diskutabel.
 
Ich setze nach wie vor auf die Vernunft der Menschen in diesem Land, auf ihr Verantwortungsgefühl für die Zukunft ihrer Kinder. Eine Umkehr zu einer Gesellschaft, die auf Hass und Ausgrenzung geründet ist, ist definitiv der falsche Weg. Gerade wer sich heute als "Patriot" bezeichnet sollte sich dessen bewusst sein.

"Vernunft ist Begabung, Dummheit Veranlagung."

Gerd Wolfgang Heyse