Eintrag vom 10. Februar 2013
Obwohl ich in meiner Jugend (meine Güte, jetzt klinge ich aber alt!) mich hauptsächlich der Fantasy
verschrieben hatte, habe ich hin und wieder auch andere RPGs gespielt, z.B.
Shadowrun. Diese Art der Sience-Fiction war damals,
im aufkommenden Zeitalter allgegenwärtiger Computersysteme und den ersten theoretischen Versuchen zu
"künstlicher Intelligenz" sehr beliebt, wenn auch häufig von einer gewissen Endzeitstimmung
geprägt. Und so wurden Spiele oder auch Filme wie z.B.
Terminator als
reine Sience-Fiction ohne Bezug zur Gegenwart bzw. zu einer möglichen Zukunft gesehen.
Wenn ich heute die Nachrichten lese, dann frage ich mich allerdings, wo die Fiktion der Vergangenheit
endet und wo die damals für unmöglich gehaltene Entwicklung einer solchen Zukunft beginnt. Denn die
Dystopie, die in diesen Geschichten entworfen
wurde, weist - manchmal erschreckende - Parallelen zu dem auf, was für uns heute schon wie selbstverständlich
erscheint.
In der Welt des Terminators wurde ein unbemanntes, autonomes Fluggerät vorgestellt, die
T-1 Aerial, welches in der Lage war, definierte
Ziele selbstständig zu lokalisieren, zu verfolgen und zu vernichten. Die Beschreibung deckt sich ziemlich
genau mit den (heute noch semi-automatischen) Drohnen, mit denen die USA auf "Terrorkriegerjagd" gehen
und die sich auch unsere Bundeswehr so
sehnlichst herbeiwünscht. Und zwar sowohl für den Einsatz gegen "äußere Bedrohungen"
als auch zur Verwendung im Inneren - nicht nur, wie bisher, zur
Überwachung, sondern auch als
bewaffnete Systeme.
Bereits 1951 beschrieb Ray Bradbury in seinem Roman
Fahrenheit 451 autonom agierende Roboter (damals
noch an eine tierähnliche Form eines Hundes angelehnt), welche zur Menschenjagd (als Verbrecher bezeichnet)
eingesetzt werden. Solche Systeme befinden sich - offiziell zur Grenzsicherung - mit deutscher Beteiligung bereits in der
Entwicklungs- und Testphase.
In seinem Roman 1984 entwarf George Orwell
eine absolutistische Staatsform, welche auf einer allumfassenden Überwachung der Bevölkerung basiert.
Dank Videoüberwachung,
Vorratsdatenspeicherung und
Reisedatenerfassung
sind wir einer solchen "Staatsform" heute näher als je zuvor - auch ohne eine immer weiter ausufernde
Polizeigewalt
und den Einsatz von
Staatstrojanern.
Man könnte nun durchaus eine Art roten Faden erkennen. Denn all diese Maßnahmen sind wie dafür geschaffen, eine (momentan noch funktionstüchtige) Demokratie in vielen kleinen Einzelschritten auseinander zu nehmen. Fast möchte man meinen, unsere "Staatshäupter" hätten Naomi Wolfs 10-Punkte-Plan studiert und bemühten sich, das Konzept vom amerikanischen auf die europäische Ebene zu übertragen. Andererseits, brauchen wir in Deutschland angesichts unserer langjährigen Erfahrung dazu noch Hilfe...?
Die Zukunft holt uns langsam aber sicher ein - eine Zukunft, die vor ein paar Jahren als reine Fiktion erschien und in der wohl kaum jemand von uns leben wollte. Heute scheint sie selbstverständlich zu sein. Warum? Weil wir - einem uralten Reflex folgend - bereit sind, unsere Freiheit für eine imaginäre Sicherheit einzutauschen. Eine Sicherheit vor einer hypothetischen Bedrohung, deren Ausmaße gezielt übertrieben dargestellt und als Katastrophe heraufbeschworen werden - allein mit dem Hintergedanken, dass Menschen in Angst und Panik leichter beeinflussbar und kontrollierbar sind. Eine Taktik, die sich seit Jahrhunderten unter Tyrannen und Diktatoren bewährt hat. Es ist eine Schande mitansehen zu müssen, dass sich Regierungen, die sich selbst als Verfechter der Demokratie bezeichnen, dieser Mittel zunehmend bedienen:
Einige Punkte dieser Liste sind bei uns in Deutschland bzw. in Europa bereits im Begriff, umgesetzt zu werden. Andere werden gerade in Angriff genommen. Dies beginnt als heimlicher, schleichender Prozess, beschleunigt sich immer mehr und erreicht so - unbemerkt - einen Punkt, ab dem eine Umkehr nicht oder kaum mehr möglich ist.
Dagegen gilt es anzukämpfen, noch ehe das Kind in den Brunnen gefallen ist. Doch da diese Salamitaktik nicht offensichtlich angewendet wird, ist es schwer, die Menschen aufzurütteln und dazu zu bringen, sich gegen diese Entwicklung zu stellen. Vieles, was heute gängige Praxis ist - Geheimgefängnisse wie Guantanamo Bay, Gewaltexzesse der Polizei, Überwachung der Kommunikations- und Verkehrsmittel - wurde vor ein paar Jahren noch als Spinnerei und Verschwörungstheorie bezeichnet. Heute ist es bereits zur Wirklichkeit geworden. Und mir graust vor der Vorstellung unserer Welt in ein paar Jahren, wenn wir die rote Linie weiterziehen und einen Blick darauf werfen, wohin uns die Entwicklung noch führen wird.
Demokratie ist uns nur dann sicher, wenn wir jeden Tag bereit sind, sie gegen anti-demokratische Tendenzen zu verteidigen. Ich für meinen Teil wünsche mir, dass mein Sohn in einer Gesellschaft ohne Totalüberwachung, Hysterie, Mißtrauen und Gewalt aufwachsen kann. Eine solche Welt für ihn zu schaffen und ihm einen demokratischen Rechtsstaat zu bewahren, das ist für mich das wahre Ziel, der wahre Sinn, den ich meinem Leben geben kann.
Und aus diesem Grund bin ich Pirat geworden.
"Ich habe es bis ins Jahr 2013 geschafft, und alles was von meinen SienceFiction-Büchern übrig geblieben ist, ist diese lausige dystopische Regierung."