Kontakt
Profil
Seite zurück
Seite vor
Rechtliches & Impressum

Eintrag vom 13. Januar März 2018

Ich wurde daran erinnert dass mal wieder ein Blogeintrag von mir überfällig sei, und in der Tat hatte ich für diese Woche geplant wieder einmal einen Text für diese Seite hier zu verfassen. Neben meiner üblichen Arbeitsauslastung war die längere Wartezeit auch dem Umstand geschuldet, dass ich in diesem Eintrag auf die neugebildete Bundesregierung eingehen wollte. Und nachdem dies, entgegen all meiner sicherlich unbegründeten Hoffnungen, nun wieder zu einer dritten(!) Neuauflage der "Großen Koalition" geführt hat, ist mein Blutdruck auch wieder auf einem Level angekommen, der hoch genug für einen passenden Rant ist.

Die Gebete der CDU sind erhört worden, die SPD hat mit ihrem zuvor großartig diskutierten Mitgliederentscheid den Weg für eine Neuauflage der uns sattsam bekannten Regierungskoaltion frei gemacht. Nach all der langen Zeit der Anarchie (wir erinnern uns: wir hatten keine handlungsfähige Regierung seit Oktober 2017, auch wenn man bislang keinen wirklichen Unterschied gemerkt hat...) geht es jetzt wieder voran (nicht aufwärts!) mit unserem Land.
Die Frage ist nur: in welche Richtung? Sieht man sich das Ergebnis, vor allem aber die auserkorenen Minister an, denen wir bis zur nächsten Bundestagswahl huldigen dürfen ... auf Gedeih und Verderben ausgeliefert sind ... die Geschicke der Bundesrepublik anvertrauen müssen, dann läuft einem nämlich ganz schnell der kalte Schauer über den Rücken.

Auch wenn die Spitzenvertreter der ehemaligen Sozialdemokraten immer wieder nach Kräften betont haben, dass sie dem Koaltionsvertrag maßgeblich ihre eigene Handschrift aufgezwungen hätten, wäre ich an dieser Stelle lieber beschämt schweigend in der Ecke geblieben... denn das, was in diesem Papier steht, ist nicht wirklich etwas womit die SPD ihre ursprünglichen Werte und Ziele anpreisen könnte. Viel eher müßte man sich eingestehen, erneut von der CDU/CSU knallhart über den Tisch gezogen worden zu sein. Ich kann jedenfalls beim besten Willen nicht erkennen, warum die Parteibasis diesem Bündnis die Zustimmung hätte erteilen können. Vermutlich wissen die "Genossen und Genossinen" es selber nicht so richtig. Es lag vielleicht an der Euphorie, zum ersten Mal nicht nur Plakate kleben zu müssen, sondern tatsächlich selber über etwas mitbestimmen zu dürfen. So etwas ist in den "großen" Parteien ja eher selten der Fall.

Wie dem auch sei... nach der großen Freude darüber, daß die SPD wieder einmal umgefallen ist die Regierungsbildung nun endlich formal abgeschlossen wurde, ist der nächste Schritt - das Aufstellen der Ministerriege - auch schon erledigt. Die CDU ist hier vorgeprescht und hat ihre "jüngeren" Gesichter noch vor der Auszählung des SPD-Votums präsentiert - böse Zungen munkeln in diesem Zusammenhang von angeblichem Insiderwissen bei Frau Merkel.
Unsere Bundesmutti ficht das hingegen nicht an, zieht sie doch nun mit der vierten Amtszeit in Folge mit ihrem altbekannten Mentor Helmut Kohl gleich. Kanzlerin auf Lebenszeit - das mussten selbst die Chinesen, die sonst immer alles westliche kopieren, gerade erst mit offizieller Abstimmung einführen. Unsere Angie kann sich nun also in bester demokratischer Gesellschaft wähnen. Sie weiß daß sie nach dieser Legislaturperiode ausscheiden wird (selbst in der CDU hängt sie schon einer ganzen Menge zum Hals raus) und wird sich die nächsten drei Jahre wohl eher bequem zurückziehen, während ihr Clan sich an die "Nachfolgeregelung" macht. Für die tägliche Arbeit hat sie ihre Minister.

Und was für welche! Die Besetzung der Ministerien erfolgte - wie üblich - unbelastet jeglichen Fachwissens oder Erfahrung. Herr Maas wechselt ins Außenministerium... was kann da schon schiefgehen? Peter Altmeier wird sich um die Wirtschaft kümmern und den Kohleausstieg vorbereiten - für mich ein Widerspruch, denn wo sollen die ganzen Köfferchen der Lobbyisten denn endgelagert werden? Helge Braun wird Kanzleramtsminister - keine Herausforderung für einen Anäthesisten, denn unter Frau Merkel schnarcht ohnehin bereits alles...
Ich könnte vermutlich noch eine ganze Weile so weiter machen aber dann wird der Eintrag hier zu lang (und dabei waren das jetzt nur ein paar Beispiele aus der CDU!). Aus Platzgründen will ich mich deswegen nachfolgend lieber auf drei "Auserwählte" beschränken, die sich in den vergangenen Tagen bereits nachdrücklich in Szene gesetzt haben und durch ihr Verhalten die Misere unserer nun ins Amt gehievten Regierung in ihrem ganzen Elend beschreiben:

Jens Spahn, ein CDU-Politiker der alten Schule, ist schon in der Vergangenheit durch irritierende Kommentare und Falschinformationen "steilen Thesen" in der Flüchtlingspolitik aufgefallen. Er wird jetzt das Gesundheitsministerium übernehmen, doch ich gebe mich nicht der Hoffnung hin daß es diesem Mann gelingen sollte, das System zu reformieren und die "elektronische Gesundheitskarte" wieder einzustampfen. Dazu fehlt ganz eindeutig nicht nur die Einsicht, sondern auch der Wille.
Noch nicht vereidigt, hat er sich schon mal um den Blutdruck vieler Bürger in Deutschland gekümmert und diesen mit seinen überheblichen Kommentaren zu den Sozialleistungen nach Harz-IV kräftig in die Höhe getrieben. Seine offen zur Schau gestellte Großkotzigkeit gewinnt hierbei durch die gegenwärtige Diskussion um ehrenamtliche Nahrungsausgaben der Tafeln eine ganz neue Qualität. Nun, er kann es sich ja spätestens nach seiner Amtzeit in der "asozialen Hängematte" unseres politischen Systems gemütlich machen, ohne jemals befürchten zu müssen zwei Stunden lang Schlange zu stehen um sich gegen Vorlage eines Berechtigungsscheins für einen symbolischen Euro abgelaufenes Essen aushändigen zu lassen.
Dass Herr Spahn auf dem Standpunkt steht, Harz-IV reiche vollkommen zum Leben aus, hat vielleicht auch noch einen "professionellen" Hintergrund. Sozialhilfeempfänger sterben statistisch gesehen früher und entlasten durch ihr "sozialverträgliches Ableben" unsere Versorgungssysteme. Man sieht, der Mann ist bereits voll in seinem neuen Tätigkeitsbereich aufgegangen.

Horst Seehofer, der Quoten-Bayer und geschasste Ex-CSU-Parteichef, wird neuer Innenminister. In dieser Rolle wird er auch das neu geschaffene Ministry of Home-Defense "Heimatministerium" leiten. Zwar hat er schon betont daß die Bevökerung nicht zwangsweise Lederhose und Dirndl tragen müsse, aber es wird wohl nur eine Frage der Zeit sein bis die Vorschrift gilt, daß jeder Bundesbürger mindestens einmal in seinem Leben das Oktoberfest zu besuchen hat.
In der Zwischenzeit versucht er der CSU einen Aufschwung für die anstehende Landtagswahl in Bayern zu verschaffen und verkündet vorsorglich seinen Masterplan für die Republik: mehr Überwachung, mehr Gesetze und natürlich viel mehr Abschiebungen! Die AfD wird bei den Reden des zukünftigen Innenministers sicherlich stehenden Applaus beisteuern, fährt er doch genau die Linie der Neo-Rechten. Ich für meinen Teil empfinde bei diesen Ausblicken alles andere als ein "gesteigertes Sicherheitsgefühl" und frage mich, wohin wir eigentlich Leute wie Herrn Seehofer und seine Spezels von der CSU abschieben könnten?

Das alles wird aber noch getoppt von einer Ministerin, die im Grunde genommen gar keine ist, sondern nur eine "Staatssekretärin" werden soll: Dorothea Bär kommt (wie könnte es angesichts der bereits herrschenden Umstände auch anders sein) aus Bayern und soll in ihrer Position die "Digitalisierung Deutschlands" vorantreiben. In dieser Funktion hat sie schon einmal klargemacht daß sie vom Datenschutzgesetz überhaupt nichts hält (obwohl sie vor ein paar Jahren noch eine ganz andere Linie vertreten hatte), am liebsten alles und jeden umfassend vernetzen möchte (Datenreichtum für die Unternehmen - Hurra!) und sich, während sie im Zug sitzend wie ein Gaffer Einsatzkräfte fotographiert, am liebsten im "Lufttaxi" durch die Gegend kutschieren lassen möchte. Ach ja, und nebenbei läßt sie noch raushängen daß Nutzer sozialer Netzwerke für sie hauptsächlich Psychopathen sind.
Wirklich, angesichts eines so gelungenen Einstandes fehlen mir wirklich die Worte. Meine ganze Hoffnung ist daß Herr Lindner von der FDP (dem das alles selbstredend immer noch nicht weit genug geht - wir erinnern uns, in seiner Partei macht man zuerst und denkt später darüber nach) mit seiner Einschätzung Recht behält und diese nette Dame im politischen Alltag nicht über die Mittel verfügen wird, um ihre Ziele in die Tat umzusetzen. Ansonsten hätten wir hier nämlich ein ziemlich großes Problem am Hals.

Vor einem solchen stehen wir, nachdem die SPD-Minderheiten-GroKo beschlossen wurde, nun jedoch ohnehin. Denn die bewiesene Unfähigkeit der CSPDU und ihrer Minister haben wir ja nun schon 8 Jahre lang überleben gelernt. Die Auswirkungen, die aus diesem erneuten Bündnis erwachsen werden, sind jedoch noch viel gravierender und umfassender als ein Herrn Spahn, ein Herr Seehofer oder eine Frau Bär. Ich habe meine Befürchtungen hier im Blog ja bereits mehrfach geäußert und ich wiederhole sie jetzt noch einmal: wir laufen Gefahr, in drei Jahren unser Land, unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat nicht mehr wiederzuerkennen!

Diese "Große Koalition", die aus den Volksparteien gebildet selbst nur knapp über eine eigene Mehrheit im Parlament verfügt, markiert eine Zäsur in der Geschichte unseres Landes: Seit Ende des zweiten Weltkriegs ist zum ersten Mal eine rechtsnationale Partei mit extremistischer Ausrichtung die stärkste Oppositionspartei! Gleichzeitig übernehmen die sich selbst als demokratisch einordnenden Parteien von eben diesen neuen Rechten verfochtene Positionen in der Hoffnung, ihrer Konkurrenz dadurch das Wasser abgraben zu können, beflügeln diese jedoch mit dieser Taktik noch zusätzlich! Extrapolieren wir doch mal diese Entwicklung bis zur nächsten Bundestagswahl im Jahr 2021! Es geht hier um weit mehr als nur um die anstehende Legislaturperiode - es geht um die Zukunft unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung!
Wo wird die SPD wohl in drei Jahren in den Umfragewerten stehen? Glaubt wirklich jemand im Willy-Brandt-Haus, daß sich die Sozialdemokraten in einer weiteren "Großen Koalition" als Juniorpartner Steigbügelhalter "erneuern" könnten? Keine Chance! In drei Jahren wird die CDU/CSU ihren Koaltionspartner dermaßen abgezockt haben daß die Genossen und Genossinnen darum bangen werden, die Minoritätsklausel erfüllen zu können! Und mit wem kandidiert dann die CDU/CSU als nächstes?

Mit der FDP? Lachen wir herzlich darüber - das wird nicht reichen und selbst wenn die GRÜNEN sich wieder für eine Jamaika-Konstellation verbiegen werden, Herr Lindner hat sich und seine Partei bei den letzten Verhandlungen langfristig disqualifiziert. Wer bleibt noch übrig?
Genau!
Eine Partei, deren Positionen die "Konservativen" bis dahin schon weitreichend in das eigene Parteiprogramm integriert haben werden. Eine Partei, die der CDU/CSU ohnehin thematisch viel näher steht als die SPD. Eine Partei, um die man jetzt noch einen großen Bogen macht, mit der diese Konservativen aus "Sachzwängen" heraus jedoch bereits auf Länderebene Kooperationen und Bündnisse eingehen.
Die AfD in der Regierung - KÖNNT IHR EUCH VORSTELLEN, WAS DAS BEDEUTEN WÜRDE?
Und sagt mir nicht, daß es dazu niemals kommen wird - von wegen. Haben wir nicht lernen müssen daß die Geschichte dazu neigt, sich zu wiederholen? Vor 75 Jahren hat die Zentrumspartei auch geglaubt, die NSDAP für die eigenen Ziele instrumentalisieren zu können. Am Ende standen verbrannte Erde und Millionen von Toten.
HABT IHR DAS SCHON VERGESSEN?

Die "Sozialdemokraten" anscheinend schon!
 
Allein aus Verantwortung für unser Land hätte es niemals eine Zustimmung für diese GroKo geben dürfen. Stattdessen hatten wir eine einmalige Chance, das Parlament abseits von undemokratischen Abstimmungszwängen wieder zu re-demokratisieren, indem Frau Merkel in eine Minderheitsregierung gezwungen wird und in dieser die Positionen aller(!) im Bundestag vertretenen Parteien zu berücksichtigen hätte. So, wie das Parlament ursprünglich einmal geplant gewesen war und wie es in einer wirklichen Demokratie sein sollte!
Dies hätte nicht nur ein Wiedererstarken der SPD ermöglicht, sondern auch das Interesse der Bürger an demokratischen Entscheidungsprozessen wiederbeleben können. Das Parlament wäre wieder mehr gewesen als eine Armee von Händchenhebern auf Kommando der Kanzlerin. Gleichzeitig wäre es die große Chance gewesen die AfD zu "entzaubern", die sich durch konstruktive Mitarbeit hätte beteiligen müssen anstatt es sich jetzt als Oppositionsführer bequem zu machen - die Maulhelden hätten tatsächlich liefern müssen und sich durch ihr eigenes Unvermögen vor aller Augen blamiert.

Diese Chance ist vertan worden. Es wird uns in den kommenden Jahren alle Kraft kosten, meine oben beschriebene Analyse zu verhindern - so wir es noch können. Und mit uns meine ich: UNS ALLE!
Ja, nicht nur die Politiker, nicht nur die Parteien, nicht nur die Leute die sich bereits heute engagieren. Die Bewahrung unserer Demokratie ist eine Gesamtaufgabe aller Bürger eines Landes.

Und hiermit rufe ich Euch alle in die Pflicht!

"An dem Tag, an dem wir nicht mehr an die Demokratie glauben, werden wir sie verlieren."

Star Wars - Episode 2