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Eintrag vom 29. Juli 2016

Wenn sogar unsere Bundeskanzlerin ihren Schönheitsschlaf Sommerurlaub unterbricht, um ihre Ansprache zur Lage der Nation vorzuziehen, kann man sicher sein: es ist ernst. Grund war natürlich die statistisch nicht erklärbare Häufung von Amokläufen und Anschlägen in unserem Land.
Wir ernst die Lage ist kann man schon an den Maßnahmen erkennen, die unsere Kanzlerette - natürlich unter Berücksichtigung einer Abwägung zwischen den Interessen von Sicherheit und Freiheit - zu ergreifen gedenkt: eine Stärkung der Geheimdienste und einen verbesserten Informationsaustausch mit deren internationalen Kollegen (angeblich hat ihr Innenminister da schon etwas in die Wege geleitet), eine engere Kooperation zwischen Polizeibehörden und Staatsschutz (was unsere Gründungsväter vor 70 Jahren ja aus guten Grund verhindern wollten - aber unsere Erika Angela hat mit diesem Konzept selbst ja recht gute Erfahrungen sammeln können) oder die Schaffung eines Ein- und Ausreiseregisters (Anträge für eine Ausreisegenehmigung sind bei der Botschaft in Prag einzureichen). Und weil das noch nicht genügt, um die Risse im imaginären Sicherheitsgefühl der deutschen Bevölkerung zu kitten, plant Madame Merkel zusätzlich noch weitere vertrauensbildene Maßnahmen in Form von mehr Internetüberwachung, die Einrichtung eines "Frühwarnsystems" zur Erkennung von Radikalisierungstendenzen bei Flüchtlingen (nein, keine fachkundigen Sozialarbeiter - mehr Überwachung natürlich!) und Vorbereitungen für einen Einsatz der Bundeswehr im Inland.
Aber keine Bange: die Einhaltung unseres Grundrechte ist natürlich umfassend sichergestellt. Also, keine Aufregung und bitte alle weitergehen, hier gibt es nichts mehr zu sehen, die Terrordebatte ist hiermit offiziell für beendet erklärt.

Weil der IS derzeit sich zu allem bekennt, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist, reicht dieses Aktionspaket der Bayerischen Staatsregierung jedoch nicht aus, so dass man zusätzliche Maßnahmen verkündet hat. Wir alle wissen ja, was wir im Angesicht von Bombenterror und Schüleramok jetzt am dringendsten brauchen, um solche Tragödigen in Zukunft sicher und dauerhaft verhindern zu können: mehr Waffen und Panzerwagen für die Polizisten, Kontrolle der Kommunikationswege im Internet, mehr Vorratsdatenspeicherung und - natürlich - mehr Videoüberwachung! Schließlich weiß doch jeder kluge Mensch, dass ein Selbstmordattentäter oder Amokläufer beim Anblick einer Videokamera sofort die Waffen streckt und sich reumütig bei der nächsten Polizeidienststelle meldet! Leute, die im derzeitigen Kriegszustand immer noch Mitleid mit Migranten haben und mehr psychologische Betreuung zur Prävention fordern, sind alles doch nur hoffnungslose Sozialromantiker!
 
Sicherheit gibt es nur durch Stärke!

Ach, ich dachte immer das wäre Unwissenheit? Das würde zumindest den Kenntnisstand unserer Ermittlungsbehörden erklären. Denn dort stellt man sich das Internet anscheinend auf eine... äh... recht obskure Art und Weise vor, was eventuell damit zusammenhängen könnte, dass man die für die eigenen Annahmen zu Grunde gelegten Fakten entweder auf hoffnungslos veraltete Daten zurückgreift oder diese notfalls einfach schlichtweg erfindet.
Unsere Politiker greifen, einem Pawloschen Reflex folgend, solche Äußerungen natürlich umso lieber auf, je irrsinniger sie anmuten, und springen sofort mit noch unsinnigeren Forderungen auf den fahrenden Zug auf. Den Verfechtern dieser Maßnahmen - egal ob Politiker oder Normalbürger - möchte ich deswegen ein paar Ratschläge geben:

  • Wer die Bundeswehr in Deutschland braucht, um sich sicher zu fühlen, sollte seinen Sommerurlaub in Aleppo verbringen und dort die Zeit nutzen, um in aller Ruhe die Schönheit eines Metropole zu studieren, in der bewaffnete Streitkräfte mehrere Jahre lang tagtäglich für Sicherheit im Sinne der Staatsführung gesorgt haben.
     
  • Wer Gefährder mit elektronischen Fußfesseln von der Verübung von Terroranschlägen abhalten möchte, der sollte die letzten Berichte aus Frankreich ein wenig genauer durchlesen - dort hat eben diese Maßnahme einen der Attentäter nicht an seinen Plänen gehindert.
     
  • Wer der Ansicht ist, dass wir noch mehr an Überwachungsmaßnahmen benötigen um Attentäter rechtzeitig aufzuspüren, der sollte sich vor Augen führen, dass all die bisherigen Maßnahmen - einschließlich in Ländern mit einem noch weit rigoroseren Vorgehen als Deutschland - nicht die Sicherheit der Bevölkerung vor Anschlägen gewährleisten konnten.
    Weder Überwachung noch Ausnahmezustand noch Vorratsdatenspeicherung haben die Anschläge von Nizza und Saint-Etienne-du-Rouvray in Frankreich verhindern können, die britischen Geheimdienste sammeln so viele Daten dass sie diese gar nicht mehr auswerten können - und wir Deutschen sollen es besser machen? Wir können ja noch nicht mal Flughäfen oder Bahnhöfe bauen!
     
  • Wer Notstandsgesetze fordert sollte sich im Klaren darüber sein, dass diese zu anderen Zwecken missbraucht werden können - und wohin das im Endeffekt dann führt.

Derzeit geht die größte Gefahr für unseren demokratischen Rechtsstaat von uns uns selber aus - von Politikern, die profilierungssüchtig herumprolen und ignoranten Bürgern, die ihnen dabei applaudieren. Die dabei produzierten "Kollateralschäden" an unserem System, dass wir ja vorgeblich gegen Angriffe böswilliger Fanatiker zu verteidigen gedenken, nehmen wir ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden in Kauf.

Allein das beweist, wie dumm die Terroristen des IS im Grunde genommen sind: wären sie intelligent, würden sie nichts tun! Sie würden abwarten und zusehen, wie wir unsere Grundrechte, unsere Freiheiten und unseren Lebensstil aus Angst vor dem Tod selbst vernichten.
 
Irgendwie scheint dies das einzige zu sein, zu was wir derzeit in der Lage sind.

"Jeder übermütige Sieger arbeitet an seinem Untergang."

Jean de La Fontaine