Eintrag vom 31. Dezember 2015
Ich bin mir unsicher ob ich mir die alljährliche Sylvester-Rede unserer Bundeskanzlerin heute Abend im Fernsehen wirklich antun werde.
Was sie uns zu sagen hat, dürfte mehr oder weniger ja bereits jedem
klar sein. Und sie hat damit hinsichtlich des für
Deutschland gerade wohl vordringlichsten Themas in Form des Flüchtlingszustroms sogar Recht. Oder besser: sie hätte Recht, denn
ihr Ausspruch "Wir schaffen das!" steht und fällt mit zwei Faktoren.
Der erste ist, dass die Betonung auf dem Wörtchen wir liegt. Damit sind die Bürger allgemein gemeint - nicht, wie es
Frau Merkel vielleicht meint, sie als Bundeskanzlerin oder als Vorsteherin der Bundesregierung. Der zweite Faktor ist, dass wir es schaffen
können - wenn wir es wollen. Das ist nach meiner persönlichen Erfahrung sogar in den allermeisten Fällen auch so, aber
die "Deutschen" stehen hier nicht geschlossen auf einer Seite. Und die Bemühungen der Engagierten, die sich für die
Flüchtlinge einsetzen, werden nach Kräften von politischer Ebene aus torpediert.
Zwar beeilt man sich seitens der Politik stets zu betonen, dass man dem derzeit ausufernden "Phänomen" der
Fremdenfeindlichkeit keinen Vorschub leisten dürfe, andererseits wetteifern gerade die Verantwortlichen auf Länderebene darum,
wer aktuell die schärfsten Forderungen aufstellt und damit die Stimmung im Land weiter anheizt - pardon: das stimmt natürlich
nicht, man versucht ja lediglich die "Sorgen der Bürger ernst zu nehmen".
Deswegen will Bayern jetzt seine Staatsgrenzen selber überwachen - obwohl dies eindeutig eine Bundesangelegenheit ist. Oder
Flüchtlinge ohne Ausweispapiere wieder nach Syrien zurückschicken. Es ist für die CSU auch kein Widerspruch, die
finanzielle Unterstützung der Asylbewerber (die noch unterhalb des Hartz-IV-Niveaus liegt) an die Teilnahme von Sprach- und
"Integrationskursen" koppeln zu wollen, gleichzeitig einigen der Geflüchteten jedoch diese Kurse mir der Begründung
zu streichen, dass sie ohnehin bald wieder in ihr Heimatland Afghanistan abgeschoben werden würden. Da will sich auch die SPD nicht
lumpen lassen und schickt die Bundesarbeitsministerin Nahles vor, die ankündigt EU-Ausländern generell die Sozialhilfe streichen
zu wollen.
All diese markigen Sprüche befeuern nur die Resentiments innerhalb gewisser Schichten in der Bevölkerung, die plötzlich
Angst haben das "diese Ausländer" ihnen etwas "wegnehmen" wollen: ihre Arbeit, ihre Frauen, ihre vermeintliche
Vorherrschaft des "weißen Mannes"! Bislang waren sie es schließlich gewohnt, für billiges Geld in andere Länder
zu reisen (die man, wie z.B. Mallorca, ohnehin als ausgelagerte Bundesländer der Republik betrachtet hat) und dort ihr Selbstwertgefühl
durch den Vergleich zwischen den eigenen und den dortigen Lebensumständen aufzuwerten. Jetzt wird plötzlich ein Haus im Ort
renoviert, damit dort gleich 20(!) Asylanten einziehen können! Da ist es egal, dass fünf von denen in jeweils einem 15qm großen
Zimmer zusammengepfercht sind - die kriegen was und man selbst nicht! Das kann doch nicht war sein? Das sind doch nur
"Ausländer"! Egal, ob die alles in ihrem Land verloren haben! Denen darf es hier nicht "besser" gehen! Am Schluss
kommen die alle noch zu uns!
Ich würde ja solche Leute gerne mal auf einen Urlaub in ein Flüchtlingslager im Libanon oder in Jordanien schicken - das hält
keiner von denen lange aus, das schafft ja nicht mal unser
Bundespräsident.
Oder zum Weihnachtsfest nach Syrien... da wollen wir ja gerade ohnehin
alle hin, nicht wahr?
Also, das Thema Flüchtlinge wird - nein, es muss! - uns auch weiterhin beschäftigen. Ich hatte es vor längerer Zeit schon
einmal hier im Logbuch geschrieben: fragt doch mal Eure Großeltern (sofern das noch möglich ist), wie es damals für sie
gewesen ist, als Vertriebene aus den "Ostprovinzen" des Reiches vor den näherkommenden russischen Truppen oder aus
der "Deutschen Demokratischen Republik" über Grenzzäune, Minenfelder und Mauern nach Deutschland zu fliehen.
Es gäbe eine nachdenklichere Weihnachtsgeschichte ab als die, welche wir 2015 in Deutschland
erlebt haben. Und dank unserer
Lernresistenz auch
im kommenden Jahr noch erleben werden.
Ein weiteres Thema in der Neujahrsansprache von Frau Merkel dürfte der Klimawandel sein. Aber auf den will ich hier nicht näher
eingehen... das mit großem TamTam ausgehandelte
Klima-Abkommen ist nichts
weiter als die bei solchen Vorzeigeveranstaltungen übliche
Mogelpackung. Wirtschaftliche
und territoriale Interessen werden jegliche Bemühungen um schnelle und nachhaltige Veränderungen effektiv
verhindern. Und wir selbst
sollten uns - angesichts unserer eigenen
Bequemlichkeit - nicht
so weit mit Kritik aus dem Fenster lehnen.
Ich weiß nicht... manchmal hat man fast das Gefühl, dass es für diese Welt besser wäre wenn sich die Menschheit zu
einem kollektiven Aussterben entschließen würde. Leider würden wir
Affenmenschen dazu aber eine Methode wählen,
welche sämtliche damit zusammenhängenden, positiven Effekte wohl zerstört...
Deswegen will ich dies gar nicht so sehr ins Auge fassen. Wir sind hier, und damit ist es auch unsere Pflicht, festgestellte Fehler zu beheben. Mit ein Grund, der mich zur Politik gebracht hat. Denn es gilt, nicht in das alltägliche Geschrei einzustimmen, sondern aktiv an Verbesserungen zu arbeiten. Jeder nach seinen Möglichkeiten und auf dem Gebiet, auf dem er sich auskennt.
Mein gewähltes Feld sind die Bürger- und Freiheitsrechte, die es auch in unserem Land zu bewahren und zu verteidigen gilt. Resignation kann hier keine Option sein, solange jeden Tag neue Ideen für einen Abbau und weiteres Eindringen in unsere Privatsphäre sorgen.
Also wird es Zeit für die Vorsätze zum neuen Jahr.
Für mich heissen diese (politisch): nicht aufgeben, sondern weitermachen!
Sich fortwährend zu informieren, Sachverhalte kritisch zu hinterfragen, offizielle Darstellungen in Zweifel zu ziehen und sich selbst ein Bild der
Dinge zu machen - das sollen meine Werkzeuge sein.
Meine Mitmenschen anzusprechen, zu mehr Eigeninitiative und Engagement aufzufordern, sie zu informieren und ihnen zu helfen - das sollen meine Taten sein.
Fehler zu korrigieren, den Lauf der Dinge positiv zu beeinflussen, unsere Welt für die Zukunft zu gestalten - das sollen meine Ziele sein.
Wer weiß? Vielleicht schaffe ich sogar das ein oder andere davon, erfolgreich umzusetzen.
Und wisst Ihr was? Vielleicht sehe ich mir die Sylvester-Rede doch an!
Und sei es nur, um eine Runde Bullshit-Bingo dabei zu
spielen!
"Anfangs wollt ich fast verzagen, und ich glaubt, ich trüg es nie - und ich hab es doch getragen, aber fragt mich nur nicht wie."